Alles im Leben hat zwei Seiten. Nur deine Organisation hat drei!

November 2019, Berlin St. Oberholz nach einer fulminanten Konferenz zur Zukunft der Arbeit: Die zweite Flasche Wein wird geöffnet, es klirren Gläser, es wird gelacht, diskutiert und getanzt. Schon länger hatten uns unsere klugen Freunde Sabine und Alexander auf die wertvollen Perspektiven aus der Quickborner Beratungswelt rund um Judith Muster und Lars Gaede hingewiesen. Nach diesem Abend war’s entschieden: mit den Metaplanern gehen wir 2020 auf eine organisationskluge Reise zwischen Luhmanns Lehren und Fallrodeo aus der Unternehmenspraxis. Organize Awesome!

Was wir zu dem Zeitpunkt noch nicht wussten: Diese Ausbildung sollte uns einen ganz neuen Blick auf Organisationen und ihre Vorhaben lehren – erhellend, aber auch schonungslos ehrlich.

Modul 1: Betriebssysteme gestalten

Los ging es im März mit unseren vielfältigen Anliegen aus der Unternehmenspraxis. Im Gespräch wurde anhand von sechs klugen Fragen – den Magic Six – unser Vorhaben verstanden. Welche Mitspieler braucht es, welche Gegner gibt es? Die Such-Scheinwerfer waren ausgerichtet, die Thesen formuliert.

Von Hochglanz-Transformationsvorhaben über die formalen Spuren der Agilität bis hin zum Innovations-Dilemma war alles dabei, was unsere Organisationen bewegt. Vom Schaufenster endlich auf die Straße kommen oder „stell dir vor es gibt Innovation, aber keiner geht hin.“

Wir sind startklar, mit Fällen gerüstet. Im ersten Modul mit dem Luhmann’schen 1×1 der drei Seiten:

Die Schauseite: Jedes Unternehmen bespielt sie. Es ist die Bühne, auf der viele Theaterstücke rund um Werte, Führungsprinzipien und Purpose gespielt werden. Hier darf man sich schmücken, hier darf es auch mal widersprüchlich sein. Ein Automobilhersteller mit Fokus auf „Luxus“ beschreibt sich als “nachhaltig”, ein Führungsteam, das seit 30 Jahren traditionell zusammenarbeitet, führt nun 100% agil und ein neuer CDO kümmert sich ganz alleine um die Digitalisierung.

Keine Organisation ohne formale Struktur. Was uns allen sofort in den Kopf kommt ist die Hierarchie. Viele Boxen und Linien, die das Organigramm als Herz-Kreislauf-System des Unternehmens zeichnen. Luhmanns Strukturbegriff umfasst aber weit mehr: die niedergeschriebenen Entscheidungswege, Gremienarbeit, die ausgesprochenen Anweisungen, etablierte Kommunikationswege, Prozessbeschreibungen, die festen Programme zur Nachwuchsförderung oder das Zielsystem zur Bewertung der Mitarbeiter-Leistung. All das ist die Formalstruktur. Sie ermöglicht uns Standards, Sicherheit und Vorgaben, die das Organisieren regulieren und uns davon befreien jedes Mal aufs Neue überlegen zu müssen, wie wir nun zu unserer Budget Entscheidung im Projekt kommen.

Ich sehe was, was du nicht siehst und das nennt sich Informalität – Die dritte Seite der Organisation. Sie beschreibt all die ungeschriebenen Rituale und kurzen Dienstwege, die wir gehen um zügig an unser Ziel zu kommen. Informalität lässt sich nicht anweisen, manchmal ist sie auch „brauchbar illegal“ (Buchtipp „Brauchbare Illegalität“ von Stefan Kühls). Informell ist auch die Kultur eines Unternehmens, der Klebstoff in sozialen Beziehungen und die Initiativen, die von unten versteckt von Mitarbeitern angestoßen werden. (Buchtipp: “Graswurzelinitiativen in Unternehmen“ von Sabine und Alexander Kluge).

Informalität steht auch für die Experimente und zufälligen Begegnungen in organisatorischen Netzwerken, durch die schon viele Innovationspflanzen wachsen durften. Vor allem in diesem bewegten Jahr, in dem jegliche Arbeitsnormen und Gewohnheiten aufgebrochen worden sind, benötigen Unternehmen Informalität. Sie bildet Verbindungen wo physische Distanz zur sozialen Distanz wird. 

Ebenfalls formten wir direkt im ersten Modul Working Out Loud Circle, die jeweils zu fünft einen tieferen Austausch weit über Organize Awesome Themen ermöglichte.

Modul 2: Transformation führen

Denken wir an Hierarchie, dann denken wir an unsere Chefs. In vielen Organisationen wird Hierarchie und Führung als synonym genutzt. Ungenau, wie Luhmann sagt. Im zweiten Modul durften wir diesen Unterschied lernen. Führung ist demnach die situativ erfolgreiche Einflussnahme in kritischen Momenten. Diese kann von einem formal strukturellen Hierarchen ausgehen, muss aber nicht. So beobachten wir in vielen Unternehmen wie Sekretärinnen ihre Chefs führen, Mitarbeiter bestimmte Informationen so aufbereiten, dass die Führungskraft zustimmt, und viele andere Momente der “Unterwachung”.

Wer Transformation führen will, sollte sich mit dem Mischpult des Managements vertraut machen und die richtigen Regler bedienen lernen.

Modul 3: Innovationskulturen schaffen

Im dritten und letzten Modul sollte es doch noch wider Erwarten ein physisches Treffen geben, nachdem wir gemeinsam in Zoom-Breakouts diskutiert und geblitzt hatten und uns in TriCat im Cyberspace verloren hatten. Wir pilgerten zuerst nach Hamburg, dann nach Quickborn.

Thema auf der Agenda. Verstehe Innovation und organisiere sie „awesome“.

Auch das letzte Modul war erhellend und eröffnete eine andere Perspektive auf Innovationen als Iterationen zwischen Variation, Selektion und Restabilisierung. Innovation ist immer subjektiv zu verstehen vom System was sie betrachtet: meint was für einen traditionellen Autobauer eine Neuheit ist, ist für Tesla alte Kamelle. Komplexität Nummer 2: Innovationen sind meist zeitlich abhängig, meint sie sind erst in der Zukunft als solche erkennbar. Beziehen wir das noch einmal auf ausgegründete Innovationen Hubs und Labs, dann müssen diese förmlich scheitern, wenn ihnen die Restabilisierng nicht gelingt. Während meist System nahe Innovation Teams schon in der Selektion wieder vom System geschluckt werden. Ein Dilemma das organizationsklug ausbalancieret werden muss.

Ein (vorläufiges) Fazit

Dieser Blogbeitrag ist noch im Entstehen.. wir sammeln gerade über den Jahreswechsel Gedanken, Bilder und Erkenntnisse zusammen. Was bereits jetzt klar ist:

+ Die Kombination aus organisationssoziologischer Theorie und Unternehmenspraxis ist besonders wertvoll.

+ Virtuelle gemeinsam klug zu denken und auf hohem Niveau zusammenzuarbeiten gelingt, erfordert mehr Vorbereitung und Moderation als im physischen Raum und ist auch etwas anstrengender.

+ Working Out Loud Circle bereichern den zielgerichteten Austausch zwischen den Treffen

+ Die Gedanken von Niklas Luhmann sind auch nach über 50 Jahren noch frisch, relevant und hilfreich.

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Danke an die wundervolle Organize Awesome 2020 Crew für die wertvolle Lernreise. Ein absolutes Highlight in diesem verrückten Jahr!

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